Was für ein Garten! Eine bunte Blumenvielfalt hält durchgehend - von den ersten Winterlingen im Februar bis zu den letzten ungefüllten Asternblüten im November - ein zuverlässiges Pollen- und Nektarangebot für Bienen und Schmetterlinge bereit. Obstbäume, heimische Laubgehölze und begrünte Hauswände bieten Vögeln und Kleinsäugern Unterschlupf und mit ihren Beeren und Früchten einen reich gedeckten Tisch. Auch Brennnesseln, Beinwell und Disteln dürfen hier gedeihen. Verschiedene Kleinstrukturen wie Trockenmauern, Stein- und Laubhaufen, Stapel von morschem oder abgestorbenem Holz bringen Abwechslung und Leben in den Garten. Verblühte Stauden werden erst im Frühling zurückgeschnitten und stehen so Insekten als Winterquartier und Vögeln als Nahrungsquelle zur Verfügung. Um die Moore zu schützen wird konsequent auf torfhaltige Erde verzichtet. Gärtnern mit der Natur, nicht gegen sie – ohne Torf, ohne Gift, ohne Laubsauger.
Auch in einem solchen, ganz naturnah gestalteten Garten kann es sinnvoll sein, speziell den Wildbienen zusätzliche Nisthilfen anzubieten. Anders als Honigbienen leben die Wildbienen nicht in Staatengemeinschaften – von einigen Ausnahmen, wie etwa den Hummeln, abgesehen. Die meisten Arten leben solitär, das heißt, jedes Weibchen sucht bzw. baut für seine Nachkommen seinen eigenen Nistplatz: je nach Art unter der Erde oder im Sand, in Hohlräumen von Stängeln, Felsspalten oder verlassenen Schneckenhäusern, in leeren Fraßgängen von Käfern oder in Steilwänden aus Lehm. Mit einfachen Mitteln kann man sie beim Anlegen passender Nistplätze unterstützen und so das „Wohnangebot“ für Wildbienen im eigenen Garten gezielt erweitern und ergänzen.
Grundsätzlich gilt, dass die Bienenmütter für ihren Nachwuchs nach warmen und trockenen Nistplätzen suchen. Denn auf keinen Fall soll die Brut durch eindringende Feuchtigkeit und in Folge durch Pilzkrankheiten gefährdet werden. Es bietet sich an, die Nistanlage als ein Holzregal mit verschiedenen Fächern anzulegen, in welche die verschiedenen Nisthilfen gestellt bzw. gelegt werden können und sie mit einer Überdachung vor Regen zu schützen. Die Anlage sollte möglichst nach Südosten, also der meistens dem Wetter abgewandten und zugleich günstig von der Vormittagssonne beschienenen Seite, ausgerichtet sein. Die Einflugschneise darf nicht von Pflanzenbewuchs überwuchert werden. Im Folgenden werden drei einfach herzustellende Behausungstypen beschrieben. Damit sie von den Bienen auf Wohnungssuche aber auch wirklich besiedelt werden, ist ausreichende Sorgfalt bei der Ausführung wichtig.
In Hartholzblöcke gebohrte Nistgänge: Um dem Eindringen von Feuchtigkeit vorzubeugen, wird empfohlen, kein Nadelholz, sondern abgelagertes (und selbstverständlich unbehandeltes) Hartholz wie Eiche, Esche oder Buche zu verwenden. In die Holzblöcke werden waagrechte, 6 bis 10 cm tiefe Nistgänge mit unterschiedlichen Durchmessern von 2 bis 10 mm gebohrt. Achten Sie darauf, dass die Gänge am hinteren Ende geschlossen bleiben. Wichtig ist, nicht ins Stirnholz, sondern von der Seite, gewissermaßen also durch die (vorher entfernte) Rinde zu bohren. Das hilft, Risse – und damit die Gefahr der Verpilzung - rund ums Bohrloch zu vermeiden. Aus dem gleichen Grund sollten die einzelnen Bohrlöcher auch nicht zu dicht gesetzt werden, Mindestabstand 2 cm. Damit keine Holzsplitter in die Gänge hineinragen, an denen sich Mutterbienen und schlüpfende Brut leicht verletzen könnten, sollte man die Bohrungen durch mehrmaliges Vor- und Zurückbewegen des Bohrers bzw. durch Abschmirgeln an den Öffnungen glätten und zum Schluss das anfallende Sägemehl herausklopfen.
Waagrecht ausgerichtete Röhrenwohnungen: Schneiden Sie hohle, runde Pflanzenstängel von Schilf, Knöterich, Engelwurz oder Bambus auf Teilstücke von 8 bis 10 cm zu. Auch hier ist es wichtig, dass die Röhrenwohnungen am hinteren Ende geschlossen bleiben, deshalb sollten die Stängel immer hinter einer Verdickung durchtrennt werden. Um Quetschungen der Stängel und ein Ausfransen an den Schnittstellen zu vermeiden, kann es sinnvoll sein, statt mit der Gartenschere mit einem sehr scharfen Messer oder einer Säge zu arbeiten. Dicht gebündelt können die Pflanzenröhrchen jetzt waagrecht in ein Fach der Nistanlage geschichtet werden. Wichtig ist, dass sie fest aufliegen und nicht verrutschen, auf keinen Fall sollte das Röhrenbündel baumelnd aufgehängt werden. Möglich ist es auch, die Röhrchen einfach in die Öffnungen von Lochziegeln zu legen (die Ziegel alleine genügen als Nisthilfe allerdings nicht, weil die Öffnungen zu groß und hinten nicht verschlossen sind).
Nistplätze in markhaltigen Stängeln: Einige Wildbienenarten bauen ihre Nester, indem sie selbst Gänge in markhaltige Pflanzenstängel nagen. Wenn Sie im Frühling die Ranken und Stängel von Brombeeren, Himbeeren, Disteln oder Königskerze zurückschneiden, können Sie diese, anstatt sie zerkleinert auf den Kompost zu geben, auch sammeln ( jeweils ca. einen Meter lang ) und dann - am besten einzeln - im Garten platzieren. Wichtig ist es, sie senkrecht aufzustellen. Auch die angeschnittenen Triebe von Heckenrosen werden gerne von Gänge nagenden Bienen besiedelt.
Natürlich gibt es Nisthilfen für Wildbienen auch fertig im Gartencenter, im Baumarkt oder im Supermarkt zu kaufen. Jedoch erfüllen viele der käuflichen Modelle kaum ihren Zweck: Sie werden von den Wildbienen nicht angenommen, wenn wichtige Details, wie sie oben beschrieben wurden, bei der Herstellung nicht beachtet werden. Unbedingt abzuraten ist von “Insektenhotels“, die für Beobachtungszwecke mit Glas- oder Plastikröhrchen bestückt sind. Fatalerweise werden sie durchaus besiedelt, können später aber regelrecht zur Falle für den Bienennachwuchs werden. Sie sind nicht durchlässig für Wasserdampf, mit der Folge, dass das eingebrachte Larvenfutter zu schimmeln beginnt und die Brut abstirbt. Bereits die Bezeichnung „Hotel“, wie die käuflichen Nisthilfen gerne bezeichnet werden, weist in die falsche Richtung. Wildbienen suchen kein Zimmer für eine Nacht. Sie bauen ein Zuhause für ihren Nachwuchs.
(Autor: Ulli Zörntlein)